Seit etwa 3 Jahren gehöre ich zu einer Lesegruppe – 5 Frauen, für die Lesen zum Alltag gehört.
Da ich seit meiner Kindheit gerne in Bücher eintauche, kann mir nichts Besseres passieren, als dieses Interesse zu teilen. Wir treffen uns alle paar Wochen reihum bei einer der Teilnehmerinnen und diese darf dann nach der Diskussion das nächste Buch aussuchen.
Dieser Moment ist immer sehr spannend, vor allem die Reaktionen auf die Buchvorschläge. „Was, schon wieder dieses Thema“ : Ehe, Tod, Krieg, Gewalt, Migration usw. All die Themen und Lebensbereiche, die Autoren aktuell aus der Gesellschaft aufgreifen und in ihre Bücher einfliessen lassen. Wobei aktuell in der Literatur ein dehnbarer Begriff ist. Der Schreibprozess kann sich über Jahre hinziehen und manche Bücher werden erst nach 30 Jahren plötzlich brandaktuell.
Trotzdem lassen sich im Literaturbetrieb jährlich gewisse Trends ablesen. So z. B. momentan das verbreitete Sujet „Familie“, präziser ausgedrückt, die Tendenz einem Elternteil nachzuspüren, wie „Zora del Buono“ in ihrem Buch Seinetwegen, „Lukas Hartmann“ mit seinem Roman Martha und die Ihren und „Francesca Melandri„, die in Kalte Füsse ihrem Vater als Mussolini-Anhänger einen langen Brief schreibt, um ihn irgendwie begreifen zu können.
Dieses Buch war das erste, das in unserer Leserunde einhellige Begeisterung auslöste, wobei das Wort „Begeisterung“ in diesem Kontext nicht angebracht ist, denn es geht um Krieg. Um all das, was Krieg bedeutet. Francesca Melandri gelingt es auf brilliante Art Bezüge zwischen dem Einsatz ihres Vater im 2. Weltkrieg in Russland und dem aktuellen Ukraine-Krieg herzustellen. Sie beschreibt die Gewalt und Brutalität und all das daraus resultierende Leid so detailliert, dass man nach 2 Seiten eine Pause einlegen muss, um das Gelesene zu verdauen.
Es ist bewundernswert wie sie ihre journalistische Recherchefähigkeit anhand der stalinistischen Gewaltherrschaft beweist und in Zusammenhang mit Putins aktuellem Anspruch auf die Ukraine bringt. Ein Buch, das einem die Augen öffnet und die eigene Naivität und Desinformiertheit widerspiegelt.
Deshalb meine Empfehlung: unbedingt lesen!!!
Wer das Buch kennt, weiss welche Bedeutung die Sonnenblumen haben…
Bildnachweis: Pixabay hochgeladen von Uschi_Du am 03.Juli 2018