Nun sind wir alle daran gewöhnt: an den Umgang mit dem Notstand, dieser aussergewöhnlichen Lage seit dem 16.März.
Auch in den Medien wurden mittlerweile sämtliche Aspekte und Auswirkungen der Krise beschrieben oder diskutiert: wirtschaftliche, psychische, kulturelle, gesellschaftliche, globale usw. Homeoffice, Homeschooling, Homecooking, Homestaying sind die neuen Slogans.
Jeder scheint inzwischen Experte für irgendetwas zu sein. Hauptsache man hinterlässt einen medialen Fussabdruck. Keiner will übersehen oder vergessen werden: Politiker, Philosophen, Wirtschaftswissenschaftler, Psychiater, Virologen, Biologen, Banker. Die Welt scheint gerade einen kreativen Schub in gewissen Betätigungsfeldern zu erleben. Innovation durch Neudefinition beruflicher Identifikation. Unglaublich, wieviele Nischen es gibt.
Auch ich fühle mich als Expertin. Spezialistin für „innere Angelegenheiten“. Denn die beschäftigen mich, diese Pole in mir, die sich plötzlich zeigen, jetzt, wo ich nicht mehr in die Welt kann, sondern meine eigenen 4 Wände die Welt sind.
Manchen Menschen gelingt es ja in solchen Situationen ungeahnten Tatendrang und eiserne Disziplin zu entwickeln. Sie geben sich Strukturen und halten sich daran (fest). Fertig.
Ich dagegen starte oft freudig in den Tag, erledige die Dinge, die unbedingt notwendig sind, um dann nach dem Mittag einem Anflug von Melancholie zu erliegen. Dann nämlich tritt anstelle der gewohnten Verabredungen Ruhe und Stille ein, die jedes Mal einen anderen Ausgang finden: Vielleicht Zufriedenheit und eine Art Demut für all das, was ich bin, kann und darf und all die Möglichkeiten, die mir zur Verfügung stehen. An anderen Tagen: Enttäuschung darüber, was zur Zeit alles nicht geht, gekoppelt mit einem Gefühl des Abgehängtseins oder noch schlimmer – Langeweile.
Warum gibt es nichts dazwischen? Eine Art sanfte Gleichmütigkeit?
Gestern wurden nun die ersten Lockerungen angekündigt, eine wunderbare Perspektive, denn dann kann man diesen rücksichtslosen Seelen-Spiegel einfach wieder beiseite legen…
3 Gedanken zu „Die Krise als Spiegel“