Mit Beginn dieses Jahres hat sich eine überraschende Entwicklung bezüglich meines sozialen Umfeldes ergeben. Es „passieren“ vermehrt Kontaktaufnahmen zu uralten Freunden und Bekannten. Den Anfang machte eine Einladung zur Klassenzusammenkunft mit dem Titel „45-Jahre- Abitur“. Wie absurd klingt das denn? Kann es tatsächlich soo lange her sein? Und was machen die alle?
Einmal in die Vergangenheit katapultiert, fing ich an zu googeln und stolperte recht schnell über vertraute Namen aus der Studienzeit. Ein kurzer Gedanke: ,erinnert der sich eigentlich noch an mich‘ ? Dann ein zögerliches Mail an die offizielle Firmenadresse und innerhalb weniger Minuten die Reaktion – ach wie toll, ruf an, lass uns treffen und erzählen, was das Leben aus uns gemacht hat.
Wie kommt das – nach 40 Jahren – dieser Wunsch nach Austausch und einem Wiedersehen? Wir waren Studenten, lebten in WGs, diskutierten über eine uns passende spätere Lebensform – Ehe und Kinder hatten darin keinen Platz. Wir waren ja „besonders“, wollten einen anderen Lebensentwurf, nutzen, was uns zur Verfügung stand bzw. geboten wurde. Familärer Hintergrund und Stellung der Eltern wurden ausgeblendet, nur wir selbst zählten.
Es kamen erstaunlich viele „Kreative“ aus diesem Freundeskreis hervor: Fernsehleute, Künstler, Journalisten, Unternehmer. Und nun treffen wir uns und ziehen Bilanz. Im Laufe der Gespräche entstehen vage Ahnungen an welchen Weggabelungen wir/ich rückblickend gesehen vielleicht eine „falsche“ Entscheidung getroffen haben, teils aus Unwissenheit, teils aus Unsicherheit. Allerdings ohne Versagensgefühl, sondern mit einem späten Verständnis für sich selbst.
Es ging damals nicht anders, weil… und genau das tut gut, dieses späte Verstehen, welche Richtung das Leben nahm und warum. Das Alter lässt einen weicher und weiser werden, milde mit einem selbst.
So entsteht eine zartkeimende Vorfreude auf diese letzte Phase – frei von (fast) allen Zwängen und Erwartungen.
Nun endlich verstehe ich diese Lust an verrückten Abenteuern, die so manche Alten überkommt. Es ist eine Art „Erlösung“ und wer sie wagt, der…?