Am Wochenende haben wir ein Paar getroffen, das fast gleichzeitig mit uns vor einem Vierteljahrhundert, den Schritt ins Ausland gewagt hatte. Auswandern klingt innerhalb Europas zu „gross“ und trotzdem haben wir genau das gemacht: wir sind in uns fremde Länder gegangen. Belgien und die Schweiz.
Uns erstaunt immer wieder, dass trotz einiger Pausen über diese lange Zeitspanne, der Kontakt nicht verloren gegangen ist. Vielleicht ist er ein Stück Heimat.
Dieses Mal stand unser Treffen ganz im Zeichen – na, von was wohl? Ja – genau, der Pensionierung. Hier wie dort ist es bei den Frauen schon so weit, die Männer müssen noch „durchhalten“. Es dominierte natürlich die Frage: was macht man den lieben langen Tag?
Tja und meine Freundin hat sich als Schritte-Sammlerin geoutet. 10.000 Schritte täglich , das muss sein. Es ist doch wirklich erstaunlich, welche Ideen entstehen, wenn plötzlich Zeit vorhanden ist. Ich habe mir unter Leuten mit solchen „Ticks“ immer ausgezehrte, verbissene Menschen vorgestellt, aber nun weiss ich, dass auch rundliche fröhliche Frauen so etwas machen. Gut gelaunt und mit einer Kamera ausgestattet erläuft sie Brüssel und zählt Schritte.
Laufen und den Moment festhalten: Menschen, Fassaden, Parks, Natur – einfach alles, was uns umgibt. Manchmal hat sie Bedenken, in den feineren Ecken der Stadt auf ehemalige Kollegen zu stossen, weil sie mittlerweile auf Wanderschuhe umgestiegen ist, aber auch das überwindet sie noch.
Mir kommt bei dieser Geschichte spontan der Spruch: „Ja wo laufen sie denn hin?“ (frei nach Loriot) in den Sinn, obwohl der bekanntlich mit einer Pferderennbahn zu tun hat.
Aber hat nicht jeder seine ganz eigene „Rennbahn“, auf der sein Leben, seine Denkweise, sein Handeln – manchmal sogar nur im Kreis – galoppiert?