Entlang verschiedener Flüsse und Grenzen unternahmen wir wie befreit endlich wieder unsere geliebte Mai-Velotour. Die Route streifte Teile von Frankreich, Deutschland, Luxemburg und Belgien.
Was ich vorher nicht ahnte, es sollte auch eine Reiseerfahrung in Sachen Rentnerdasein in der EU werden.
Am Anfang fiel mir gar nicht auf, dass ich mein Augenmerk auf Menschen meiner Altersklasse richtete. Für Fernradlerinnen und Radler führt der Weg oft durch Quartiere von Ortschaften, die Autofahrer und Spaziergänger oder „normale Touristen“ gar nicht mitbekommen: Es sind die Randgebiete und Freizeitgehege der Gemeinden.
In Frankreich gab es Bouleplätze, schön dachte ich mit einem ersten oberflächlichen Blick. Bei genauerem Hinsehen erfasste ich dann die Menschen, die sich dort morgens um 11 Uhr tummeln – Paare in meinem Alter, leicht ungepflegt und mit dem ersten Bier in der Hand.
Kaum in Deutschland angekommen fielen mir besonders die unangenehmen EBiker-Gruppen auf. Meist allesamt dickbäuchig, laut und rücksichtslos. Gesprächsfetzen liessen auf eine ziemlich eingeschränkte Kommunikation schliessen, es drehte sich überwiegend ums Essen.
Luxemburg dagegen erschien mir fast wie eine Oase. Die Menschen freundlich und auf gewisse Weise zurückhaltend. Pensionäre konnte ich kaum ausmachen, aber ich bilde mir ein, dass auch sie dort anders sind.
Dann folgte Belgien, die Ardennen. Ein Randgebiet zur Eifel – eine offensichtlich „abgehängte“ Gegend. Diesen Eindruck bestätigten auch die älteren Menschen, die ich wahrnehmen konnte. Viele offensichtlich körperlich und sozial in einer schwierigen Situation. Von Altersruhestand geniessen keine Spur. So mancher durchwühlte Abfalleimer. Ich muss gestehen, auf diese Perspektiven war ich nicht gefasst.
Grand Est ist eben nicht Paris und Randgebiete Belgiens, durch Kriege mal deutsch, mal belgisch einverleibt, tun sich schwer mit einer eigenen Identität. Doch so viel soziale Ungleichheit und Benachteiligung inmitten der EU habe ich nicht erwartet. Eine EU, die gerade mit Milliardenunterstützungen für Waffensysteme nur so um sich wirft.
Gelder gegen Altersarmut haben darin wohl keinen Platz…
Bildnachweis: Pixabay am 23.September 2019 hochgeladen von RoyBuri