Wir „Silversurfer“ gelten ja als besonders reisefreudig, zumindest zielt die Werbung in gewissen gehobenen Wochenzeitungen auf unsere Altersgruppe ab.
Da wird die Hurtigrute per Postschiff angeboten – man schämt sich fast, noch nicht daran teilgenommen zu haben – Reisen in die Antarktis, zu den Galapagos Inseln oder Tasmanien stehen zur Auswahl. Auffallend viele Schiffsreisen sind darunter.
All die „banalen“ Reisezeile haben wir offensichtlich schon abgearbeitet. Man war in Kanada, Asien, Indien, Südafrika oder Patagonien. War auf Trails zu Mammutbäumen unterwegs, durfte vom Tafelberg mit einem gewissen Schauder auf Nelson Mandelas Gefängnisinsel blicken oder dicht gepfercht mit hunderten von anderen Booten in der romantischen Halong Bucht Nordvietnams übernachten.
Ich selbst durfte unter dem prachtvollen Sternenhimmel in der marokkanischen Wüste Sternschnuppen beobachten und in Südindien das einmalige Lichterfest Diwali erleben.
Nun werden die Reiseangebote, die einem ungefragt ins Haus flattern, immer exklusiver: Luxussafaris in Afrika oder jetzt ,der letzte Schrei‘: Berggorillas in Uganda!
Längst geht es nicht mehr darum, etwas zu entdecken, etwas von der Kultur anderer Länder zu begreifen, sich vorzustellen, welch andere Werte und Rituale in einem uns fremden Land herrschen, nein, anscheinend geht es hier mittlerweile um eine Art Wettbewerb oder Konkurrenz: wer war als erster bei diesen Menschenaffen, wer konnte sich diese exklusive Reise leisten und wer kann beim nächsten sozialen Event mitteilen: ich war dort!
Und? Wie ist das?
Spürt man Ehrfurcht, wenn man dieser aussterbenden Spezie ins Auge blicken darf?
Oder prahlt man lässig, dass das ganze Schauspiel seine 600 Dollar wert war?
Oder wird man ganz still und erkennt, dass einem das Mensch-Sein begegnet ist?