Freunde

In der Regel freut man sich, dass man im Laufe seines mittlerweile langen „Soziallebens“ auf einen ansehnlichen Freundes – und Bekanntenkreis blicken kann. Es gibt zum Beispiel Freundschaften, die durch die Kinder entstanden sind und im Laufe der Jahre deren Eltern zusammengeschweisst haben. Man blickt auf viele gemeinsame und verbindende Erlebnisse zurück, machte Ausflüge und Unterhaltungsprogramm für die Kleinen. Später, als die Kids längst Teenager waren, wurden gemeinsame Urlaubsreisen daraus.

Jetzt, da die Kinder ausgeflogen sind und ihr eigenes erwachsenes Leben führen, trifft man sich nur noch hin und wieder, weil die „kinderlosen“ Eltern ihr neues unabhängiges Leben schätzen und meist viel unterwegs sind. Aber letztens war es dann doch so weit: wir trafen uns alle wieder. Freude herrschte über den zu erwartenden Austausch, die rege Unterhaltung, die schönen Erinnerungen… doch es kam anders.

Irritiert betrachtete ich diese Paare mit denen wir so viel geteilt hatten. Sie kamen mir seltsam verstellt und fremd vor. Die Gespräche bei Tisch gerieten immer wieder ins Stocken, gemeinsame Themen waren kaum zu finden. Wo früher ein *genau* zu hören war, blieb die Zustimmung aus. Stattdessen sassen da vom Wohlstand verwöhnte, wie auch gezeichnete Menschen. Teuer gekleidet, tauschte man sich über die letzten abenteuerlichen Unternehmungen aus, Luxusferien zu Wasser und zu Land. Stöhnen über das anstrengende Berufsleben und vorsichtiges Sinnieren, ob man nach der Pensionierung den mittlerweile erreichten Lebensstandard auch halten kann…

Ich kam mir in dieser einst so vertrauten Runde fremd und einsam vor. Hatte wohl auf Verbunden- und Geborgenheit gehofft und sass stattdessen Fremden mit altbekannten Gesichtern gegenüber.

Der Abend hinterliess eine gewisse Traurigkeit in mir, die auch in den folgenden Tagen nicht weichen wollte.

Was war mit uns passiert? Wann sind unsere Leben auseinander gedriftet? Einsamkeit unter Freunden – oder sollte ich lieber ehemalige Freunde sagen?