Wie viele andere Mitmenschen auch, habe ich es nun gewagt, die ganz legale Möglichkeit zu nutzen, um endlich meine Familie in Deutschland zu besuchen. Nach monatelangem Abwägen, Hin- und Her (Diskutieren) hatte ich es satt und wollte einfach meine Allerliebsten wiedersehen.
Wie das formell ablief, überrraschte mich dann doch: nämlich komplett unproblematisch. Keinerlei Kontrollen an der Grenze. Wie bitte? In Anbetracht dieser Unkompliziertheit, frage ich mich, wieso ich mich monatelang dermassen geplagt habe.
Und erst in Deutschland – von Ausnahmesituation keine Spur. Unglaublich viel Verkehr auf Autobahnen oder innerhalb der Ortschaften. Die Geschäfte offen. Lockdown sieht anders aus. Alles, was ich mir in meinem Kopf zusammenphantasiert hatte, traf nicht zu. Entweder interpretiere ich die Nachrichten falsch oder ich befinde mich in einem geistigen Krisenmodus.
Nur zur Klarstellung – jedes Bundesland hat seine eigenen Bestimmungen! Und dennoch: so viel Normalität, aber vor allem Mobilität überraschte mich. Das Aufkommen an Lastwagen war enorm. Eigentlich verwundert es mich nicht, dass das Virus sich munter weiter verbreitet, die hygienischen Verhältnisse auf Parkplätzen mit WC-Anlagen waren katastrophal und die Kennzeichen dieser „rollenden Lagerhallen“ boten eine breite Palette an Herkunftsländern. Von Rumänien bis Littauen und von Spanien bis Holland. Ich weiss nicht, ob jeder LKW-Fahrer einen PCR-Test nachweisen muss, sobald er eine dieser offenen Grenzen passiert, aber Viren lassen sich so sicher gut transportieren.
Einen anderen – sehr persönlichen – Eindruck hatte ich auch noch: In Deutschland liebt man es offensichtlich als Grossfamilie einzukaufen. Mir scheint das zu einem neuen Hobby geworden zu sein. All die grossen Lebensmittelsupermärkte waren voll mit Menschen, keinerlei Zugangsbeschränkungen hielten die Leute zurück. Viele Kinder und noch mehr Erwachsene standen lachend mit ihren Karren beieinander und redeten. Tja, das sind kreative Lösungen, wenn die Restaurants geschlossen oder die Personenzahlen für private Treffen limitiert sind: der Supermarkt als sozialer Treffpunkt.
Irritiert verliess ich diesen Ort des Grauens (mit meiner FFP2 Maske) und wunderte mich über nichts mehr. Dankbar, dass ich diesen Ausflug in eine andere Realität machen durfte und immer noch hoffend , dass endlich unbürokratischere und kreativere Wege aus dieser (Impf-)Krise gefunden werden, damit wir nicht alle irgendwann völlig zermürbt aufgeben.