Ziellos

Ich habe heute mal wieder einen Stadttag gemacht. So nenne ich die Tage, an denen ich ziellos durch meine oder eine andere Stadt in der Umgebung streife und einfach mache, was mir in den Sinn kommt.

Meistens starte ich in einem Café, lese Zeitung und betrachte die Menschen drumherum. Momentan sind viele Touristen darunter. Neben mir sitzt ein britisches Paar, sie unterhalten sich dezent über ihre Pläne.

Nach 1 bis 2 Geschäften, die ich anschliessend aufsuche, vergeht mir meist schon wieder die Lust aufs Shoppen, ich finde einfach keinen Gefallen daran und frage mich immer wieder, ob ich dieses „Problem“ therapeutisch ergründen sollte.

Buchhandlungen dagegen gehen bei mir immer. Ich lausche gerne den Verkaufsgesprächen und Empfehlungen der jungen Buchhändlerinnen und wundere mich über so viel Unwissenheit. Manchmal schalte ich mich sogar ein, weil ich den ganzen Unsinn nicht mehr hören kann. Zu meiner Verwunderung sind oft beide Parteien – Kunde und Angestellte – erleichtert, fast dankbar und es entsteht ein Austausch. Ich schreibe das mal meinem Charme zu…

Nach einer solchen Episode wechsele ich häufig die Szenerie. Edelparfümerien ziehen mich magisch an. Ich habe eine Vorliebe für Marken, die mit natürlichen Essenzen arbeiten. Häufig wird man gleich zum Einstieg darauf aufmerksam gemacht, dass sich die Preise dementsprechend in einem sehr gehobenen Preissegment bewegen. Ich assoziiere sofort, dass ich wohl erbärmlich aussehen muss.

Dieses ungewollte Feedback drängt mich erneut in ein Café. Die Menschenmengen ziehen vollgepackt mit Tüten oder Aktenkoffern an mir vorüber und ich wundere mich über diese vermeintliche Zielstrebigkeit, die fast alle ausstrahlen. Ich komme mir ein Stück verloren vor, weil ich mich einfach nur treiben lasse und stelle mir Fragen zu meinem Ziel.

Welches Ziel verbinde ich denn mit meiner Lebensweise? Und: muss man denn eins haben? Geht es einem dann automatisch gut damit? Oder: muss man einfach gar nichts?

2 Gedanken zu „Ziellos

  1. Gabi Tamms

    Dein Posting könnte von mir sein… ich liebe es, durch Städte zu laufen, aber shopping ist mir ein Gräuel. Ganz schlimm, wenn ich mit den (erwachsenen) Kindern durch die Geschäfte trollen muss, deren Energie diesbezüglich unermesslich erscheint.
    Ja, und Buchhandlungen sind oft magische Orte. Nicht unbedingt diese Riesenbuchhandlungen im amerikanischen Stil, sondern die kleinen, möglichst noch mit altem Mobiliar und dem Duft nach Leim und Holz, wenn man sie betritt.
    Ich musste an die Szene in „email für dich“ denken, ich weiß nicht, ob du den Film gesehen hast…. da geht es um eine junge Buchhändlerin, die durch die Neueröffnung einer großen Kette ihren Buchladen schließen muss, und die den neuen Superladen nun aufsucht um zu schauen, was die Leute daran finden. Sie setzt sich in die Kinderbuchabteilung und lauscht einem Verkaufsgespräch, bei welchem der junge Verkäufer keine Ahnung hat, was die Kundin von ihm will. Nach einiger Zeit schaltet sie sich ein und erklärt voller Inbrunst etwas über die gewünschte Buchreihe. Schöner Film.
    Tja und die Szene in der Parfümerie ist mir so ähnlich auch schon passiert. Abgehetzt und etwas derangiert (damals 3 Kinder und nen Job, wie so viele) komme ich rein mit genügend Geld in der Tasche, werde aber erstmal gar nicht beachtet, fordere eine Verkäuferin auf, mir zu helfen und werde nur abschätzig behandelt. Was soll ich sagen, ich bin gegangen. Beschämt, gekränkt, aber auch so sauer, dass ich mein Geld lieber woanders ausgegeben habe. So oberflächlich, das Ganze.
    Huch, das war ja ein ganzer Roman, liegt daran, dass ich Urlaub habe 🙂
    Viele Grüße von Unbekannt! Gabi

    • fatima

      Danke für deinen Roman Gabi. Es hat Spass gemacht, ihn zu lesen, vor allem freut es mich wenn andere ähnliche Erfahrungen machen, dann kommt man sich weniger „schräg“ vor.
      Herzliche Grüsse zurück

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